Frauen, Fußball, Medien

Aktuell findet die UEFA Women´s EURO 2013 in Schweden statt. Aus diesem Anlass diskutierten am 28. Juni im FLUC am Praterstern Vertreterinnen aus Frauenfußball, Medien und Politik zum Thema: Medialer Stellenwert von Frauenfußball in Österreich und Europa.

 

Public Viewing im FLUC und Hawidere.

Die Podiumsdiskussion war die Auftaktveranstaltung zum Public Viewing der diesjährigen Frauenfußball-EM in Schweden, für die sich 12 Teams qualifiziert haben. Wie bereits angekündigt, werden alle Spiele im FLUC und im Hawidere live übertragen. Kommenden Sonntag, am 28. Juli, ist bereits das große Finale.

 

Die Medien.

Womit wir gleich bei den Medien wären. Diese glänzen nicht gerade durch besonderen Eifer bei der Übertragung von Frauenfußballspielen, sind sich die sechs fußballaffinen Diskutantinnen am Podium einig. Moderatorin Stefanie Panzenböck fragt in die Runde: „Wie seht ihr den medialen Stellenwert und gesellschaftspolitischen Wert von Frauenfußball?“

Nicole Selmer, Autorin und Journalistin aus Hamburg, sieht für die EM leider „keine Verbesserung in der Berichterstattung gegenüber der Frauenfußball-WM 2011“. ARD und ZDF würden nur die Spiele des Deutschen Teams übertragen. Ihr Fazit: „Frauenfußball ist immer noch eine Randerscheinung.“

Ob man sich in Österreich vielleicht mehr dafür interessiere, hakt Panzenböck nach. „Nein, überhaupt nicht“, meint Jule Fischer von der Zeitschrift „Frauensolidarität“ knapp.

 


Leistungen und Pickerlhefte statt sexualisierte Wesen.

Nikola Staritz von FairPlay. Viele Farben. Ein Spiel. weiß wie Medien funktionieren: „Medien brauchen eine gute Geschichte. Aber gute Geschichten kommen nicht von allein.“ Als positiv und medial interessant erwähnt sie das erste Panini-Pickerlheft, das es zur Frauenfußball-WM 2011 gab. „Es geht nicht nur ums Spiel, sondern auch um Rahmenbedingungen und Fanartikel“, sagt sie. „Das Pickerlheft war etwas Neues und hat dazu beigetragen, dass die Spielerinnen bekannter werden.“ Wünschenswert wären auch Spielerinnen-Trikots und Fanartikel, wie sie im Männerfußball gang und gäbe sind.

Weniger wünschenswert hingegen sei eine Berichterstattung, die Frauen als sexualisierte, „hübsche“, „sich schminkende“ Wesen darstellt, anstatt ihre sportlichen Leistungen in den Vordergrund zu stellen, meinen Selmer, Staritz und Fischer. Homestories und Ausziehen für den Playboy, wie es das Deutsche Team 2011 gemacht hat, diene nicht gerade der Würdigung spielerischer Leistungen.

 

Zu wenig Geld?

Könnte zu wenig Geld der Grund dafür sein, dass Spielerinnen sich ausziehen? Die Frage ist durchaus ernst gemeint, denn tatsächlich fließen im Frauenfußball viel geringere Preisgelder und Siegerinnenprämien als bei den Männern, informiert Panzenböck.

Martina Wurzer, Grüne Gemeinderätin und Frauensprecherin Wien, weist auf einen weiteren Missstand in Zusammenhang mit Geld hin: „70 Prozent der Sportförderung fließen in Österreich in den Männersport.“ Das betrifft auch die Vereins- und Nachwuchsförderung im Fußball. Laut Wurzer gibt es von Frauen „ein Rieseninteresse“ Fußball zu spielen und daher sollte die Politik dem unbedingt nachkommen. Die Gemeinderätin räumt ein, die Stadt Wien setze derzeit immer noch zu geringe finanzielle Anreize im Bereich Mädchenfußball. 2.000 Euro Vereinsförderung pro Jahr seien ein Tropfen auf dem heißen Stein.

 


„Türk-is“, Vielfalt und Integration.

Auch Melek Köse, Obfrau des Vereins „Türk-is“ und Initiatorin von „Mädchen am Ball“ weiß von finanziellen Herausforderungen, aber auch von positiven Erfahrungen zu berichten: „Trainer*innen, Trikots und öffentlich gut erreichbare Fußballplätze und Hallen kosten viel Geld.“ Um den Verein zu finanzieren, hat Köse sogar einen Kredit aufgenommen. Hilfe bekam sie auch von einem Idealisten und Projektpartner: „Ohne diesen Mann und seine Unterstützung hätten wir es nicht geschafft, unser Fußballprojekt am Laufen zu halten.“

Interessante Erfahrungen hat sie mit den Medien gemacht: „Wir haben ‚Mädchen am Ball’ 2009 gegründet. Der Krone-gratis-Ableger ‚Heute’ und das ‚Bezirksblatt’ haben über uns berichtet. So sind einige Spielerinnen zu uns gestoßen“, freut sich Köse. „Wir punkten durch unsere Vielfalt – auch in den Medien“, sagt sie. Köse und die Spielerinnen wurden sogar ins Rathaus eingeladen, um dort ihren Verein vorzustellen.

„Unser Verein ist auch ein wichtiger Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung und Identitätsfindung für junge Zuwander*innen“, betont Köse. Hatice Isleyen, Fußballspielerin und Mitgründerin des Vereins „Türk-is“, untermauert strahlend: „Ich liebe Sport, ich liebe Fußball!“ Man erkennt rasch, sie hat sich beim Fußball gefunden.

 


Quoten für Vereinsarbeit?

Nicht nur bei der Sportförderung, auch in der Vereinsarbeit gebe es laut Selmer Diskriminierung von Frauen. Das liege an historisch männlich gewachsenen Strukturen: „Die Vereinsarbeit wurde seit jeher von weißen, deutschen Männern für weiße, deutsche Männer gemacht“, sagt die Hamburger Journalistin. Aus dem Publikum kommt der Vorschlag, eine Frauenquote einzuführen, sodass Vereine aktiv auf Frauen zugehen müssten. Staritz widerspricht und meint, mit strukturellen Förderungen könne man derzeit mehr erreichen als mit Quoten.

 


„Marta der weibliche Messi“?

„Wer könnte im Frauenfußball das weibliche Pendent zu Messi sein?“, will die Moderatorin wissen und tritt mit dieser Frage in ein Fettnäpfchen. Denn rasch wird klar, eine so formulierte Frage laufe wieder nur auf Unterscheidung und Vergleichen mit männlichen Vorbildern hinaus. Und genau das soll ja vermieden werden. Panzenböck entschuldigt sich beim Podium für ihren Fauxpas.

Eine Antwort erhält sie trotzdem: „Brasiliens Marta“, sagt Jule Fischer.

 
Die Autorin, Karina Böhm, hat Sozial- und Wirtschaftswissenschaften studiert und ist Mitglied des GBW-Redaktionsteams.

 

 

Das Public Viewing im FLUC und in Hawidere wird von FairPlay-VIDC durch den Projektpool unterstützt, der von tipp3 ermöglicht wird.

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