„Früher Lesben, heute Sexsymbole“

Am Freitag, 19.10., widmeten sich Fußballinteressierte den Phänomenen Sexismus und Homophobie und diskutierten dabei über die Veränderung des Bildes von Fußballerinnen, Beschimpfungen in Männer- und Frauenfußball und das Outing. Ein Nachbericht vom Round Table im Rahmen der Reihe "Am Rasen sind wir alle gleich?!?"

„Früher wurden sie als Lesben bezeichnet, heute werden sie als Sexsymbole in Hochglanzmagazinen abgelichtet“ – so beschrieben die Diskutantinnen des runden Tisches die Veränderung des Bildes von Frauenfußballerinnen in den letzten Jahrzehnten. Rund läuft die Sache mit dem Frauenfußball also noch nicht. Sexismus und Homophobie sind kein Schmäh von gestern, sondern alltägliche Hindernisse für einen Sport ohne Diskriminierung.

Und deshalb kamen am vergangenen Freitagabend etwa 30 Fußballinteressierte in der Meidlinger Bücherei Philadelphiabrücke zusammen, um über Sexismus und Homophobie im Fußball zu erzählen und Strategien zu diskutieren, die diesen Formen der Diskriminierung entgegenwirken. Erzählt und diskutiert wurde dabei nicht nur über den Frauenfußball, sondern ebenso über den Männerfußball. Die Diskussion war Teil einer Ausstellung und Veranstaltungsreihe zu Homophobie und Diskriminierung im Fußball, die FairPlay-VIDC im Rahmen des Projekts „Football for Equality“ unter dem Titel „Am Rasen sind wir alle gleich?!?“ und mit finanzieller Unterstützung der Stadt Wien letzte Woche initiierte.

Kritische Liebe zum Fußball


Am runden Tisch saßen Kulturwissenschaftlerin und Gender-Theoretikerin Gabriele Dietze, Sportwissenschaftlerin Rosa Diketmüller, die Spielerin des Frauenfußballteams Ballerinas Katharina Derndarsky und Angela Schwarz von der Wiener Antidiskriminierungstelle für gleichgeschlechtliche und transgender Lebensweisen (WAST). Durch die Diskussion hat die queer-feministische Aktivistin und Genderforscherin Sushila Mesquita geführt. Sie alle vereint die Liebe zum Fußball, die sie schon in frühen Kindestagen entdeckt haben. Gemeinsam haben die Rednerinnen auch ihren kritischen Blick auf den Fußball, sie alle haben sich mit Sexismus und Homophobie im Fußball auseinandergesetzt. Zu Beginn stellte die Moderatorin Sushila Mesquita fest, dass Sexismus und Homophobie zwei Seiten einer Medaille sind, die sich als „Anklage gegen diejenigen“ äußert, „die gegen die geschlechtlichen Rollenzuschreibungen Widerstand leisten“.

Der Frauenfußball ist ja eigentlich nichts Neues, berichtete die Sportwissenschaftlerin Rosa Diketmüller. Schon im 19. Jahrhundert organisierten Frauen untereinander Fußballspiele, in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts avancierte der Frauenfußball zum Publikumsmagnet. Diese Bewegung wurde in der Nachkriegszeit zurückgedrängt und verboten, so dass Frauen erneut ihren Platz auf dem Fußballfeld verteidigen mussten. Bis heute ist das so, bemerkte die Fußballerin Katharina Derndarsky: „Wenn Frauen Fußball spielen, wird das noch immer mit seltsamen Blicken beäugt.“

Nacktfotos und seriösere Berichterstattung


Gabriele Dietze erzählte dann vom französischen Frauenteam, das im Vorfeld der letztjährigen Weltmeisterschaft nackt posierte. Damit veranschaulichte die Kulturwissenschaftlerin und Gender-Theoretikerin das heute gängige öffentliche und mediale Bild von Fußballerinnen, das die Vorstellung von den lesbischen und „unweiblichen“ Spielerinnen etwas verdrängt habe. Das Podium ortete aber nicht nur problematische Entwicklungen, die mediale Berichterstattung etwa sei im Zuge der Weltmeisterschaft in Deutschland seriöser geworden. Die Übertragung von Frauenfußballspielen werde verstärkt eingefordert. Einen Zuschauerboom habe die WM allerdings nicht ausgelöst, die Zuschauerzahlen der deutschen Bundesliga stagnieren.

Gabriele Dietze war es dann auch, die die These in den Raum stellte, dass man Frauen als Repräsentantinnen einer Nation, etwa der deutschen, nicht akzeptieren würde. Ihrer These wurde aus dem Publikum entgegnet, dass die deutschen Frauen, hätten sie das Finale erreicht, sicherlich gefeiert worden wären, da das Nationalgefühl hier stärker wirke als der Sexismus. Die Bildzeitung hatte die deutschen Frauen schon zuvor gehuldigt.

Homophobie nur im Männerfußball?


Wenn über Frauenfußball geredet wird, dann steht der Vergleich zum Männerfußball schnell im Raum. Die Moderatorin Sushila Mesquita wollte das eigentlich verhindern, das gelang ihr aber nicht. Es stellte sich als sehr schwer heraus, in der Diskussion einmal vom Frauenfußball als Norm und dem Männerfußball als dem „spezifisch Anderen“ auszugehen. Doch auch wenn der Vergleich auch an diesem Abend nicht verhindert werden konnte, so erzeugte er immerhin keine Klischees. Diskutiert wurde stattdessen die Frage, ob Homophobie unter Fans auch im Frauenfußball stattfinde? Tatsächlich zeigte sich eine Rednerin aus dem Publikum über die familiäre Atmosphäre im Frauenfußball erfreut, die sie im Männerfußball nur zu selten vorfindet. Diese Familiarität wurde durch die Anonymität und Überschaubarkeit begründet.

Eine Rednerin entgegnete diesem Argument, als sie von homophoben Beschimpfungen unter Handballerinnen sprach. Man einigte sich jedenfalls darauf, dass das Publikum im Frauenfußball doch ein anderes sei, die Dynamik unter den Fans keine derartigen Ausmaße annehme wie im Männerfußball. Nicht weil Frauenfußballfans die „besseren Menschen“ sind, sondern weil u.a. die fehlende Masse gewisse Formen der Artikulation erschwert und aufgrund nicht vorhandener Anonymität diskriminierende Aussagen eindeutiger zuordenbar sind.

Outing sinnvoll?


Abschließend widmete sich der runde Tisch der Frage, welche Reaktionen ein Outing im Fußball heute hervorrufen würde. Eine Person aus dem Publikum bezweifelte die Sinnhaftigkeit des Outings von FußballspielerInnen, wenn sie dadurch auf ihre sexuelle Orientierung reduziert und weniger als SportlerInnen betrachtet werden würden. Der Fußball zählt übrigens zu den wenigen populären Sportarten, in dem sich noch kein Profi geoutet hat. Sogar Boxer und Rugbyspieler haben sich kürzlich geoutet. Das ist schon erstaunlich, werden diese Sportarten doch mindestens genauso sehr von männlichen Strukturen dominiert, wie der Fußball.

Beim Fußball stellt sich außerdem die Frage inwieweit ökonomische und mediale Kräfte Sexismus und Homophobie kurzzeitig verdrängen, wenn die wirtschaftliche Verwertbarkeit im Vordergrund steht. Eine Frau im Publikum „outete“ sich als Barcelona-Fan. Würde sich etwa Lionel Messi, der aktuelle beste Fußballer der Welt, outen, wäre seine Karriere wohl kaum zu Ende. Letztendlich wurde angemerkt, dass das Reden über Probleme, das Problem ja erst schaffe und das ständige Wiederholen, Fußball sei ein Ort der Männlichkeit, diese Tatsache weiter verstärke. Reden hin oder her, die Probleme, die mit dem Sexismus und der Homophobie einhergehen sind weiterhin existent. Rund läuft es in dieser Hinsicht noch nicht. Und das Reden im Rahmen des runden Tisches hat die Probleme mit Sicherheit nicht verstärkt. Abgerundet wurde die Veranstaltung mit einem kleinen Buffet, an dem sich TeilnehmerInnen untereinander austauschten und den Abend ausklingen ließen. So lief zumindest die Veranstaltung rund.

[Emanuel Van den Nest]

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