Grubeck war am Donnerstagabend nach dem Training der Austria- Amateurmannschaft auf dem Parkplatz der Generali-Arena von einer Gruppe von vermummten Personen verprügelt und verletzt worden. Wie auch nach dieser Attacke werden nach Ausschreitungen mit Fußballbezug gebetsmühlenartig von der Politik, dem Fußball und den Medien die x-ten repressiven Maßnahmen gefordert, präventive Maßnahmen werden kaum erwähnt. Diesmal reicht die Palette von „lebenslangem Stadionverbot“ und „Entzug der Mitgliedschaft“ über „Erleichterung der Vergabe von Stadionverboten“ und „Weitergabe von Bildmaterial“ bis zur „Verdammung der proletoid-stupiden Hasser“ (© Journalist einer österreichischen Tageszeitung).
Maßnahmen wie diese zielen auf eine Verlagerung der Fußballgewalt weg vom Stadion und weg vom eigentlichen Spielgeschehen ab. Zur Erinnerung: Die Grubeck-Attacke hat drei Tage vor dem Derby stattgefunden, der Angriff von rund 30 Rechtsradikalen, darunter einigen Anhängern von der Austria Wien zugerechneten Fangruppierung „Unsterblich“, auf den Verein ATIGF spielte sich rund um das letzte Derby am 27. Oktober 2013 im EKH ab. Diese beiden Vorfälle zeigen, dass Fußballgewalt nunmehr die Gesellschaft trifft, während gewalttätige Ausschreitungen im Stadion indessen die Ausnahme bilden. Die Fußballgewalt hat auf die Gesellschaft übergegriffen, das Problem können die Vereine alleine schon lange nicht mehr bewältigen. Gefragt wären ein breiter Schulterschluss des Fußballs und der Politik und ein ganzheitlicher Ansatz.
Klar ist, neben dem Ansatz der Repression und Verboten fehlt ein alternativer Ansatz, der mit Fans präventiv und im Dialog arbeitet. Zwar wird keiner dieser beiden Ansätze ausschließen können, dass es weiterhin Vorfälle und Ausschreitungen von Fans geben kann, ein ganzheitlicher, professioneller und nachhaltiger Lösungsansatz, wie mit der größten Jugend- und Subkultur Österreichs und den damit resultierenden Problemen wie Diskriminierung und Gewalt umgegangen werden soll, ist in Österreich aber (noch) nicht vorhanden. In Österreich werden Fußballfans weiterhin als reines Sicherheitsproblem gesehen, sozialpräventive Fanarbeit findet bei keinem einzigen Verein in Österreich statt. In Deutschland gibt es seit über 30 Jahren sozial- und gewaltpräventive Fanarbeit: in über 50 Fanprojekten arbeiten speziell ausgebildete Sozialarbeiter_innen tagtäglich mit den „guten“ und den „bösen“ Fans im professionellen Rahmen in eigens für die Fanszenen adaptierten Räumlichkeiten. Auch die Schweiz setzt auf einen zeitgemäßen und professionellen Umgang mit Fußballfans: dort gibt es seit 15 Jahren sozialpräventive Fanarbeit mit bereits acht professionell geführten Projekten. Die Grundlagen für die Fanarbeit in der Schweiz und Deutschland bilden Rahmenkonzepte, eigens dafür eingerichtete Koordinationsstellen sind für die Umsetzung der Konzepte zuständig.
Im Auftrag des Sportministeriums gibt es in Österreich seit Juli 2012 mit pro supporters ebenfalls eine Koordinationstelle für Fanarbeit in Österreich. Nach dem Platzsturm von Rapid-Anhängern beim Derby gegen Austria im Mai 2011 wurde das Projekt vom damaligen Sportminister Norbert Darabos ins Leben gerufen. Bis 2016 sollte nach deutschem und Schweizer Vorbild gemeinsam mit allen Akteur_innen aus Fußball (ÖFB, Bundesliga, Vereine) und der Politik (Ministerien, Bundesländer, Städte) ein „Rahmenkonzept Fanarbeit Österreich“ ausgearbeitet und abgesegnet werden, bis 2020 sollten insgesamt zehn Projekte der sozialpräventiven Fanarbeit bei Österreichs Vereinen installiert werden. Es bleibt zu hoffen, dass es nicht beim Konjunktiv bleibt, wenn unter dem Druck der Kürzung der sogenannten Ermessensausgaben die Mittel schon ab Jänner 2015 wieder gekürzt werden sollen, wodurch hinter dem Aufbau von professioneller sozialpräventiver Fanarbeit in Österreich ein großes Fragezeichen steht. Zum Vergleich: der Polizeieinsatz mit 700 Exekutivbeamt_innen beim Europacupspiel RB Salzburg gegen FC Basel kostete nach Eigenangaben den Steuerzahler_innen mindestens EUR 470.000,-!!! Eine Kürzung sozialpräventiver Fanarbeit wäre somit ein klassisches Eigentor.