Club 2×11 Buchpräsentation „Verbote, Widerstände, große Erfolge – 100 Jahre Frauenfußball in Österreich“

Nachbericht zum Anekdotenfeuerwerk in der Hauptbücherei Wien beim Club 2x11 am 28. Mai.


Beim Club 2×11 Spezial am 28. Mai stellte die Journalistin und Autorin Birgit Riezinger ihr neues und sehr empfehlenswertes Buch über die wichtigsten Entwicklungen des Frauenfußballs vor. Moderatorin Elisabeth Auer führte durch die Diskussion. Neben Birgit Riezinger waren auch Nadine Prohaska (Fußballerin, u.a. FC Bayern München, SKN St. Pölten, SC Sand, Nationalteam) und Christa Tauschek (Lehrerin, Fußball-Trainerin, ehemalige Fußballerin, Meistertitel mit dem FavAC 1972/73, FS Elektra Wien) zu Gast.

Tauschek lieferte ein Anekdotenfeuerwerk, erzählte von Hindernissen, aber auch vom Enthusiasmus ihrer Generation. Tauschek war für Riezinger eine wichtige Quelle über die schwierige Anfangsphase in den 70er und 80er Jahren. Sie erzählte auch von einer Auslandstournee in Südostasien und wie sie als Lehrerin Mädchen über die Fußballminiliga (www.miniliga.at) zum Fußball bringt. Eines dieser Mädchen war die Nationalteamtrainerin Irene Fuhrmann. Mittlerweile ist Tauschek zum enthusiastischen Fan des österreichischen Nationalteams geworden und war nicht nur bei den Länderspielen in Österreich, sondern auch bei den Europameisterschaften 2017 in den Niederlanden und 2022 in England dabei.

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Die EM 2017 war auch für Birgit Riezinger das eindrucksvollste Erlebnis im Fußball als Journalistin. Sie war damals für die Tageszeitung Der Standard in den Niederlanden und schrieb eine tägliche Kolumne. Es einen kleinen Kreis von Journalistinnen, die schon davor das Nationalteam und die Spielerinnen begleitet haben und sich untereinander kannten. Die Stimmung war extrem gut und mit dem Sieg über die Schweiz im ersten Gruppenspiel ist eine unglaubliche Euphorie entstanden, die auch auf die Journalistinnen übergeschwappt ist.

Für ihr Buch war sie froh, viele Gesprächspartner*innen gefunden zu haben, die ihr Wissen bereitwillig mit ihr geteilt hatte. Neben Christa Tauschek waren das Gerhard und Frida Traxler von USC Landhaus. Der Gründer und langjährige Landhaus-Obmann ist im Buch mit einem ausführlichen Interview vertreten, ist aber mittlerweile leider verstorben. Frida Traxler war ebenso wie andere frühere Spielerinnen und Peter Leitl, der erste Teamchef des ÖFB-Nationalteams, im Publikum.

Der ÖFB wurde – neben den gesellschaftlichen Entwicklungen nach 1945 an sich – als einer der Verhinderer der Entwicklung des Frauenfußballs in Österreich genannt, immerhin gab es bis 1971 das Verbot, dass Frauen auf Verbandsplätzen spielen durften. Sie spielten trotzdem. 1972/73 startete dann wieder die österreichische Liga nach dem ersten Anlauf in den 30er Jahren.

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Aus dem Jahr 1923 stammt die erste Meldung über ein Fußballspiel von Frauen in Österreich. 2023, als Riezinger das Buch fertigstellte, gab es somit seit 100 Jahren Frauenfußball in Österreich. Über diese Anfangszeit nutzte Riezinger zwei Quellen, nämlich das Buch „Frauenfußball und Maskulinität“ von Matthias Marschik aus dem Jahr 2003 und das ebenfalls von ihm gemeinsam mit Helge Faller 2022 verfasst „Eine Klasse für sich“ über die Wiener Meisterschaften in den 30er Jahren, damals weltweit einzigartig. Auf deren Basis verbrachte Riezinger viele Tage in der Nationabibliothek, um die Originalquellen und weiterführendes Material zu recherchieren. Der Zweite Weltkrieg war ein enormer „Stoppfaktor“, allerdings gab es dann eine 30jährige Pause zwischen 1938 und 1968! Und eigentlich dauerte es bis 2011, bis die Entwicklung rasant Fahrt aufnahm und innerhalb kurzer Zeit große Erfolge erreicht wurden.

2011 initiierte der ÖFB nämlich das nationale Zentrum für Frauenfußball in St. Pölten, das jetzt ÖFB Frauen Akademie heißt. Dominik Thalhammer war der erste Leiter der Akademie, und wurde im selben Jahr zum Teamchef ernannt. Er brachte den Frauenfußball, also das Nationalteam, extrem voran. Seine Nachfolgerin wurde 2020 Irene Fuhrmann. Danach sind mit der Zeit die ersten Spielerinnen aus der Akademie gekommen.

Eine dieser Spielerinnen war Nadine Prohaska, die die Diskussion mit ihren Erfahrungen aus ihrer internationalen Karriere bereicherte. Sie begann als Jugendliche bei USC Landhaus, spielte danach bei SV Neulengbach, Bayern München, SKN St. Pölten und dem SC Sand. Und sie war im erfolgreichen Team, das 2017 den dritten Platz bei der Europameisterschaft holte. Prohaska kann daher vergleichen, wie sich die Bedingungen in den verschiedenen Bereichen wie Ausrüstung, medizinische Betreuung, Infrastruktur, Bezahlung usw. im internationalen Vergleich entwickelt haben. Sie spielte etwa von 2009 bis 2011 bei den Bayern und auch dort hat sich seit damals sehr viel verbessert.

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Abschließend lasen Birgit Riezinger und Elisabeth Auer abwechselnd Zitate aus dem Buch vor, bei denen dem Publikum teilweise das Lachen im Hals stecken blieb. Und es war auch nicht immer gleich zu erkennen, ob die chauvinistischen, sexistischen Aussagen aus der Zeit vor oder nach dem Zweiten Weltkrieg stammten.

Der Club 2×11 ist eine Veranstaltung der Büchereien Wien, der fairplay Initiative, Wir Frauen im Sport und des ballesterer.

Fotos: ©StadtWien-Buechereien/Stephan

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