Im ersten Teil des Abend stellte Mitautor Georg Spitaler in der Aula der Südtribüne des Hanappi-Stadions kurz ein weiteres Mal die Studie Grün-Weiß unterm Hakenkreuz vor. Er griff einige Ergebnisse heraus. Die NS-Parteimitgliedschaft von 50% auf Funktionärsebene lag über dem Bevölkerungsdurchschnitt, war aber nicht überraschend hoch und kontrastierte vor allem zum Umstand, daß unter den aktiven Spielern niemand der NSDAP beitrat. Der Verein paßte sich den neuen Machthabern nach 1938 an und profitierte von der NS-Zuschreibung als „bodenständig“, was von diesen als Kontrast zum antisemitischen Feindbild „jüdisch“ formuliert wurde. Anderen Vereinen, hier vor allem der Vienna gelang es aber im weiteren Verlauf des Krieges besser, Spieler zumindest zeitweise vom Kriegseinsatz freizuhalten und so besser besetzt spielen zu können.
Um das große Rapidspiel jener Jahre, das Endspiel um die deutsche Meisterschaft zwischen Rapid und Schalke 04 1941 halten sich auch nach ihrer Widerlegung durch die Studie die jahrzehntelang gebildeten Mythen hartnäckig, wie Spitaler bedauernd feststellte. Weder war der Rapidsieg ein Widerstandsakt noch wurde Rapid dafür bestraft und es gibt auch keinerlei Belege für die Schiebungsgerüchte. Kurz angerissen wurde auch eines der wichtigsten Ergebnisse der Forschungsarbeit, nämlich das „vergessene Erbe“ der jüdischen Spieler und Funktionäre von Rapid. Herausragend ist hier die Person des von den Nazis im Holocaust ermordeten Wilhelm Goldschmidt, der für die Namenswahl Rapid 1899 verantwortlich war. Die folgende Diskussion drehte sich u.a. um den Vergleich mit anderen Wiener Vereinen und die Frage des Fußballbezugs der Vorstadt-Jugendkultur der von den Nazis sogenannten Schlurfs, die sich vor allem durch Mode und Musikgeschmack definierten und der NS-Einförmigkeit und der HJ widersetzten.
Anschließend wurde die Veranstaltung im Rapideum fortgesetzt. Anhand des Umgebungsplans der ersten Rapid-Heimstätte auf der Schmelz erläuterte Rapideum-Kurator Domenico Jacono „die rote und die schwarze Seite“ der Rapidgeschichte. Von Anfang an gab es sowohl Arbeitermilieu als auch Kleingewerbetreibende im Anhang und letztere in Funktionen. Der christlich-soziale Politiker (und notorische Antisemit) Leopold Kunschak führte etwa den Ankick auf der Pfarrwiese aus. Sowohl über den üblichen bürgerlichen Antisemitismus fanden die Nazis einen Anknüpfungspunkt als auch über den tief in der Vereinsidentität verwurzelten „Kampf“ als Teil des Rapidgeists, der als dem abwertend für „jüdisch“ erklärten spielerischen Fußballverständnis gegenüberstand.
Anhand der Präsentation des Teils zur NS-Geschichte in der Ausstellung des Rapideums veranschaulichte Jacono die damalige Geschichte Rapids anhand Beispielen für Anpassung, für Täter und für Opfer. In der sich nicht schließen lassenden Lade Niemals vergessen mit verschiedenen Dokumenten zur Ansicht befindet sich etwa ein Bild der von Rapid 1940 stolz präsentierten 70 Trophäen und Pokale, die zur Altmetallspende an Hitlers Geburtstag gegeben wurden, um damit Waffen für den Krieg zu produzieren. Ein Beispiel eines Täters ist das Rapid-Vorstandsmitglied (Leiter der Radfahrsektion) Karl Kochmann, der an den Raubzügen des Novemberpogroms 1938 beteiligt war. Noch viel deutlicher ist aber wohl das Beispiel des Rapidspielers Fritz Durlach, der als Folterer später als Kriegsverbrecher verurteilt wurde. Eine interessante Biographie ist die des aus einer jüdischen Familie stammenden Leo Schidrowitz. Er war ein enger Mitarbeiter von Mister Rapid Dionys Schönecker, er konnte 1938 durch Flucht sein Leben retten und nach der Befreiung 1945 zurückkehren (seine Schwestern wurden ermordet).
Die Brücke in die Gegenwart schlug ein Fernsehbeitrag aus dem Jahr 1983, der einen damaligen Rapid-Fanklub (Terrorszene) portraitierte und in dem u.a. von den Neonazi-Propagandaaktionen und Anwerbungen erzählt wird. Daraus entwickelte sich dann eine Debatte über heutige Anwesenheit aber Marginalisierung von Rechtsextremen unter Rapidfans, Entparteipolitisierung des Fanblocks, die heutige Fankultur und über Fangesänge und Schimpfworte. Angesprochen aber nicht gelöst wurde die Frage der Homophobie − eine nicht gestellte Frage oder ein Tabu? − oder die Frage des Ausmaßes und der „Tiefe“ der Beschimpfung des Gegners. Auf die Frage nach der so verfehlten Vorbildwirkung für Kinder kam die nicht ganz von der Hand zu weisende Gegenfrage, ob denn Vorbildwirkung für Kinder tatsächlich die Kernaufgabe eines Fanblocks wäre.