Homophobie – (k)ein Thema im österreichischen Fußball? Ein Kommentar

Vor knapp einen Monat kam es bei dem WM-Qualifikationsspiel Deutschland vs. Österreich in München zu homophoben Zwischenfällen an denen sich hunderte Österreich-Fans beteiligten. Deutsche und auch wenige österreichische Medien berichteten darüber, ÖFB und DFB distanzierten sich; ungeklärt aber bleibt, wie auf derlei Übergriffe adäquat zu reagieren ist und welche proaktiven Aktionen künftig gesetzt werden.

Denn eines beweist der Vorfall mit Sicherheit: Homophobie im österreichischen Fußball ist schlicht nicht mehr zu leugnen. Das könnte eine Chance sein, so die Initiative FairPlay. Viele Farben. Ein Spiel., das gemeinsame Engagement von Vereinen, NGOs, Fans und Verbänden zu intensivieren und hier Bewusstsein zu schaffen. Eine Podiumsdiskussion im Rahmen der Ausstellung „Tatort Stadion - Diskriminierung im Fußball“ zum Thema „Fußballfans gegen Homophobie“ am Freitag, 11. Oktober 2013, will sich das und viel mehr zum Thema setzen.

Was war los in München?

Beim Männer-WM-Qualifikationsspiel am 6. September 2013 in München stimmte schon vor dem Spiel „[e]ine Gruppe in rot-weiß-rot (…) homophobe Sprechgesänge vor dem Rathaus an“, berichteten Mitarbeiter_innen der Fanbotschaft Österreich. Und weiter: „Die Atmosphäre im Stadion war positiv aufgeheizt und die österreichischen Fans sorgten am Anfang gleich für lautstarke Stimmung. Doch leider kam es erneut zu negativen Zwischenfällen, als von den mitgereisten Fans wieder „schwuler, schwuler DFB“ durch die Ränge schallte.“ Die oben zitierten Beobachtungen der homophoben Diskriminierung decken sich auch mit Artikeln von taz.de und zeit.de.

Zivilgesellschaft und Medien reagieren

Allgemein herrscht in Deutschland größeres Bewusstsein für die Thematik Homophobie im Fußball, nicht zuletzt aufgrund des diesbezüglichen Engagements des früheren DFB-Präsidenten Theo Zwanziger. Doch auch in Österreich fand der Vorfall Widerhall in den Fanszenen und unter Antiskriminierungs-Aktivist_innen. Die alternative Monatszeitschrift MALMOE thematisiert den Vorfall sowie die wenig hörbaren Reaktionen darauf in ihrer September-Ausgabe ebenso wie das Fußballmagazin ballesterer. „Je näher der Anpfiff rückte, desto lauter wurden die Misstöne. Spätestens beim Aussteigen aus der U-Bahn Fröttmaninger Niemandsland waren die „Schwuler, schwuler DFB“-Gesänge nicht mehr zu überhören. Der homophobe Chant wuchs sich zum dümmsten gemeinsamen Nenner hunderter Österreich-Fans“, schreibt Reinhard Krennhuber dort.

Und die Verbände?

Direkt nach dem Spiel darauf angesprochen, distanzierte sich der Österreichische Fußball Bund (ÖFB) von den betreffenden Fans und versprach dem Magazin ballesterer, mit den Fanclubs darüber zu sprechen. Informationen darüber, welche Aktionen konkret gesetzt wurden, sind noch nicht bekannt. Der ÖFB distanziert sich verbal von den Vorfällen und artikuliert damit eindeutig seine Position. Das ist lobenswert, Verbesserungsbedarf gibt es aber noch bezüglich der Benennung und Entwicklung konkreter Maßnahmen, die auf solche Vorfälle folgen sollten, um ähnlichem in Zukunft entgegenzuwirken.

FairPlay

In den Arbeitsprogrammen von FairPlay. Viele Farben. Ein Spiel wurde das Thema Homophobie im Sport in den vergangenen Jahren verstärkt aufgegriffen. Dieses Engagement wird grundsätzlich auch vom ÖFB mitgetragen, etwa durch die Durchsagen bei Länderspielen oder durch die Unterstützung der Kampagnen in der Bundesliga während der FARE Aktionswochen. So nimmt z.B. Teamspieler Zlatko Junuzovic in der FairPlay-Posterbroschüre 2012 zu Schwulenfeindlichkeit Stellung. Diese Aufklärungsarbeit gilt es aber zu intensivieren, da - wie das Beispiel München leider zeigt - die Botschaft bei der Masse der Fans noch nicht angekommen ist. Die Chants in München nahmen ihren Ausgangspunkt von einer kleinen Gruppe und wurde dann von vielen unreflektierten Fans aufgegriffen. Das bedeutet aber auch, dass die Erfolgsaussichten bei der Bekämpfung von offenen Formen von Homophobie relativ gut stehen. Die diesjährigen Aktionswochen gegen Rassismus und Diskriminierung im Fußball (15.-29.Oktober 2013) werden auch wieder eine Plattform sein, klar gegen Homophobie Stellung zu beziehen.

Fußballfans gegen Homophobie

Das Problem der Schwulen- und Lesbenfeindlichkeit hält in Österreich allgemein erst langsam Einzug ins Bewusstsein der Fußball-Community. Einige wenige Fangruppen sind aber seit Jahren in dem Bereich aktiv und dieses Engagement gegen Diskriminierung gilt es auszuweiten, zu vernetzen und gemeinsam zu diskutieren. Während es das Thema Rassismus in den letzten Jahren auf die Tagesordnung geschafft hat und es hier ein verstärktes Problembewusstsein gibt, gilt es das für Homophobie und Sexismus erst zu erkämpfen. In Deutschland hat sich deshalb das Netzwerk Fußballfans gegen Homophobie gegründet und die Aktivitäten sollen nun auch auf Österreich ausgeweitet werden. Dies ist ein erster Schritt, gemeinsam Fanszenen für das Thema Homophobie zu sensibilisieren und Diskriminierungen jenseits von Rassismus und Rechtsextremismus/Faschismus auf die Agenden zu bekommen. In Folge sollen damit auch Vereine und Verbände in ihrem Engagement gegen Homophobie gestärkt werden.

Hinweis:
Um ein Netzwerk gegen Homophobie im deutschsprachigen Raum zu etablieren finden dieses Wochenende in Wien eine Podiumsdiskussion zum Thema „Fußballfans gegen Homophobie“ (Freitag, 19:00) und ein erstes österreichweites Netzwerktreffen antidiskriminierender Fans (Samstag, 11-17:00) statt. Mehr Infos:



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