Katar 2022: Schlag ins Gesicht der geschädigten Arbeiter*innen

FIFA drückt sich vor Verantwortung.


Zuerst unterdrückte die FIFA lange eine in Auftrag gegebene Untersuchung über die Menschenrechtsverletzungen bei der Fußball-WM in Katar. Nun wurde der Bericht zwar veröffentlicht, aber der Weltverband FIFA ignoriert die aufgezeigten Missstände und Versäumnisse.

Ein lang erwarteter Bericht des Weltfußballverbandes FIFA über das Vermächtnis der Weltmeisterschaft in Katar wurde Ende November 2024 veröffentlicht, aber erst, nachdem die FIFA selbst dessen wichtigste Empfehlung ablehnte. Der Bericht, der von dem FIFA-Unterkomitee für Menschenrechte und soziale Verantwortung unter Beteiligung der Organisation Human Level erstellt wurde, ist eine Reaktion auf Anfragen des Norwegischen Fußballverbands (NFF). Dieser hatte die FIFA aufgefordert, Entschädigungsmaßnahmen für migrantische Arbeiter*innen zu prüfen.

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Keine Entschädigung für Opfer

In dem Bericht wird argumentiert, dass die FIFA ihren Katar Legacy Fund für migrantische Arbeiter*innen verwenden sollte. Zwei Tage vor der Veröffentlichung des Berichts gab die FIFA jedoch bekannt, dass stattdessen 50 Millionen Dollar für internationale Entwicklungsprojekte verwendet werden sollen.

Demnach haben die FIFA und das Emirat Katar einen „Nachhaltigkeitsfonds“ in Höhe von 50 Millionen US-Dollar ins Leben gerufen, um verschiedene „soziale Programme“ zu finanzieren und unterstützen. FIFA-Präsident Gianni Infantino bezeichnete dies als eine „historische“ Initiative. Kritiker*innen hingegen hatten bereits während des Turniers 2022 einen deutlich höheren Betrag gefordert und auf die Notwendigkeit eines Entschädigungsfonds für migrantische Arbeiter*innen hingewiesen, die bei den WM-Baustellen verletzt oder getötet wurden.

Bereits bei den drei vorherigen Fußball-Weltmeisterschaften – in Südafrika 2010, Brasilien 2014 und Russland 2018 – wurden sogenannte „FIFA Legacy Funds“ eingerichtet. Diese Fonds waren mit jeweils 100 Millionen Dollar ausgestattet, sie waren also doppelt so hoch wie der jetzt angekündigte Fonds nach der WM in Katar.

Neu an dem Fonds für Katar ist – im Vergleich zu den Vorgängern – seine internationale Ausrichtung. Diesmal werden Projekte des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR, der Weltgesundheitsorganisation WHO und der Welthandelsorganisation WTO gefördert, die nicht direkt oder exklusiv mit dem Gastgeberland Katar verbunden sind.

Der Fonds beinhaltet jedoch keinerlei Kompensationen für migrantische Arbeiter*innen (oder deren Familien), die auf den WM-Baustellen ausgebeutet und teilweise auch verletzt oder sogar getötet wurden.

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Arbeitsbedingungen und Menschenrechtsverletzungen

Die genaue Zahl der migrantischen Arbeiter*innen, die durch ihre Arbeit vor sowie während der WM in Katar gesundheitliche Schäden erlitten oder sogar gestorben sind, ist nach wie vor umstritten. Die FIFA und die Regierung Katars behaupten weiterhin, dass nur drei Menschen in direktem Zusammenhang mit ihrer Arbeit auf den Stadion-Baustellen ums Leben gekommen seien. Weitere 37 Arbeiter seien gestorben, jedoch ohne direkten Bezug zu ihrer Arbeit. Im Gegensatz dazu berichten Menschenrechtsorganisationen von mehreren tausend ungeklärten Todesfällen im Zusammenhang mit den Vorbereitungen für die WM in Katar.

Es wird dadurch deutlich, dass sich die FIFA der Verantwortung entzieht, die migrantischen Arbeiter*innen und ihre Angehörigen zu entschädigen. Stattdessen verweist die FIFA auf den „Workers' Support and Insurance Fund“, einen 2018 von Katar eingerichteten Fonds in Höhe von 350 Millionen Dollar, der hauptsächlich für verspätete oder nicht gezahlte Löhne gedacht ist. Amnesty International kritisiert jedoch, dass der Zugang zu diesem Fonds für die Betroffenen „voller Hindernisse“ sei, insbesondere wenn die migrantischen Arbeiter*innen bereits in ihre Heimatländer zurückgekehrt sind. Zudem seien die Zahlungen aus dem Fonds gedeckelt, was bedeutet, dass es Obergrenzen für die Entschädigungen gibt.

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FIFA WM 2034 in Saudi-Arabien trotz katastrophalerer Menschenrechtslage

Morgen, am 11. Dezember 2024, wird der FIFA-Kongress in einer Online-Sitzung über die Bewerbung Saudi-Arabiens um die Ausrichtung der Fußballweltmeisterschaft 2034 abstimmen. Trotz der weit verbreiteten Kritik von Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften und Anwält*innen, dass das Königreich aufgrund seiner alarmierenden Menschenrechtslage von der Kandidatur ausgeschlossen werden sollte, hat die FIFA das Risiko von Menschenrechtsverletzungen in einer Bewertung der Bewerbung als „mittel“ bezeichnet.

Steve Cockburn, Leiter der Abteilung Arbeitsrechte und Sport bei Amnesty International, fasst diese Entwicklungen treffend mit den folgenden Worten zusammen: „Es ist unglaublich, dass die FIFA in der gleichen Woche, in der sie diesen Bericht endlich veröffentlicht hat, nicht nur einen Legacy Fund ohne Entschädigung für die Arbeiter*innen auflegt, sondern auch die WM-Bewerbung Saudi-Arabiens ohne Rücksicht auf die wahrscheinlichen menschlichen Kosten durchwinkt. Wenn die FIFA nicht endlich Maßnahmen ergreift, um die Arbeitnehmer*innen zu entschädigen, und Saudi-Arabien keine echten Menschenrechtsreformen einführt, wird sich die Geschichte wiederholen und die Arbeitnehmer*innen werden erneut den Preis dafür zahlen.“

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Menschenrechte bei Sportgroßveranstaltungen – auch 2026 ein Thema

Die Tatsache, dass sich seit der FIFA WM 2022 eine breitere Öffentlichkeit dem Thema Menschenrechte bei Sportgroßveranstaltungen bewusst ist, ist durchaus positiv zu bewerten. Andererseits gab es global gesehen eher wenig Kritik bzw. bediente sich die Kritik westlicher Länder häufig rassistischen, eurozentristischen oder orientalistischen Narrativen. Diese Gefahr besteht auch bei Saudi-Arabien, weshalb es uns als fairplay Initiative besonders wichtig ist, dass jegliche Berichterstattung zu – auch vermeintlich „unproblematischen“ – Mega Sporting Events eine Menschenrechtsperspektive beibehält.

Aus diesem Grund – und dank erneuter Unterstützung der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (ADA) – starten wir Anfang 2025 das nächste langfristige Projekt zum Thema „Sport und Menschenrechte“, welches sich insbesondere auf menschenrechtliche Aspekte bei der nächsten Sportgroßveranstaltung der FIFA, welche vom 11. Juni bis 19. Juli 2026 in den drei nordamerikanischen Ländern Kanada, Mexiko und USA stattfindet, fokussiert.

Stay tuned!

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