Porträtserie: Bühne frei für vielfältige & inklusive Vereine! #3

Wir stellen vor: ASK Bad Fischau-Brunn Obmann Andreas Kerschbaumer.

fairplay möchte jene Vereine und Initiativen vor den Vorhang bitten, die sich in ihrem Alltag für mehr Vielfalt, Inklusion und Antidiskriminierung in ihrem Verein und Umfeld einsetzen. Um Respekt zu zollen für die enorm wichtige Arbeit, die hier im und durch Sport geleistet wird, andere zu ermächtigen  und Vorbilder zu schaffen.

Teil 3: der ASK Fischau-Brunn!
Autor: Tobias Fries

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Es ist ein lauer Nachmittag im März, als auf dem Sportplatz des ASK Bad Fischau-Brunn wieder Leben einkehrt. Die großen Fußballer*innen der Kampfmannschaften befinden sich zwar noch in der Winterpause, von kleinen Kickern und Kickerinnen wimmelt es dafür umso mehr. Es ist ein bisschen, als hätte der ASK ein Fußballcamp für den Nachwuchs organisiert, hier, dort und drüben rennen fußballbegeisterte Kids dem Ball hinterher. Am Rand der Sportplätze steht ein schönes kleines Vereinsheim mit großer Terrasse, am Getränkestand gibt es Erfrischungen, daneben beobachten Eltern ihre Jüngsten, wie sie sich austoben. Die niederösterreichische Gemeinde Bad Fischau-Brunn mit etwa 2200 Einwohner*innen bietet das typische Sportplatz-Flair eines Dorfvereins wie es sich zigmal in Österreich finden lässt. Wären da nicht ein paar handelnde Personen im Hintergrund, die den Verein zu etwas besonderem machen. Zu einem Verein, der als sozial engagiertes Vorbild vorangeht und Teil einer der größten Nachwuchsabteilungen in Österreich ist.

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Jugendleiter Markus Hofer und Obmann Andreas Kerschbaumer sitzen an einem der Holztische auf der Terrasse des Vereinsheims und genießen das Treiben am Sportplatz. „Das ist schon richtig geil“, sagt Kerschbaumer und meint damit die vielen Kids, die auf den Sportplätzen Fußball spielen. Der 40-jährige ist seit 2018 Obmann des ASK und am Sportplatz aufgewachsen. Der Papa war Sektionsleiter, die Mama Kassierin, der Onkel Obmann. Nach der Volksschule ist er zum Hausaufgabenmachen zu Oma und Opa, die im Vereinsheim gewohnt haben und gleichzeitig Zeugwartin beziehungsweise Platzwart gewesen sind. Dann ging es auf den Rasen. „Als ich 13 oder 14 war und der Verein finanziell am Boden, habe ich zu meiner Mama gesagt: ‚mach dir keine Sorgen, irgendwann übernehme ich den Verein und bringe ihn wieder nach oben‘“, erzählt Kerschbaumer. Heute ist die Kampfmannschaft der Herren zwar noch in der fünftklassigen Gebietsliga Süd/Südost vertreten und nicht wie bis 1996 in der 2. Landesliga Ost, dafür glänzt der Verein mit seiner Nachwuchsarbeit.

Rund 370 Kids und 60 Trainer*innen, darunter auch zwei reine Mädchenteams, gehören zum – laut eigenen Angaben – „größten Nachwuchsfußballprojekts Österreichs“. Das kann der ASK aber natürlich nicht allein stemmen. Deshalb hat der Verein 2017 eine Spielgemeinschaft mit vier weiteren Vereinen initiiert, dem SV Winzendorf-Muthmannsdorf, dem SV Weikersdorf, dem FC St. Egyden und dem SV Willendorf. „Jedes Kind soll unabhängig vom Talent Fußball spielen können“, sagt Kerschbaumer. Es braucht dann im Jahrgang mindestens zwei oder mehr Mannschaften, um die Kinder ihres Leistungsniveaus entsprechend zu fördern. Sonst verlieren sie die Lust oder suchen sich einen anderen Verein.“ Man habe es dank Sponsor*innen und der Gemeinde geschafft, eine Stunde Betreuung um einen Euro anzubieten. „Das gibt es sonst nicht“, meint Kerschbaumer. „Wer Tennis spielt, zahlt 25 Euro die Stunde.“ Auch deshalb würden mittlerweile auch aus umliegenden Orten die Kinder zum Fußballspielen nach Bad Fischau-Brunn kommen.

Von der Jugendarbeit soll irgendwann die Kampfmannschaft profitieren. Zu dem Zeitpunkt, als das Nachwuchsprojekt gestartet wurde, haben nur etwa vier Prozent der Herrenmannschaft bei einem der Stammvereine begonnen. In Zukunft sollen es mindestens 15-20 Prozent sein, um die Identifikation mit dem Verein und auch das Interesse im Ort zu steigern. Die ersten Ergebnisse werde man in vier Jahren sehen können, weil dann der erste zusammengelegte Jahrgang in den Erwachsenen-Fußball übertritt. Dem Verein geht es aber nicht vorrangig um den sportlichen Erfolg. „Es bringt nichts, wenn wir Erster werden und es keinen Menschen interessiert“, sagt Kerschbaumer. „Da werde ich lieber Achter und viele Menschen interessiert‘s.“ Im Vordergrund stünden die Kids, die eine gute Zeit haben und „schichtenunabhängig Freundschaften knüpfen“ sollen.

Wichtig ist dem Verein auch das gesellschaftliche Engagement. Der ASK unterstützt regelmäßig soziale Projekte. Er hat in den vergangenen Jahren beispielsweise Geld für an der „Mondscheinkrankheit“ erkrankte Kinder, den Verein „Kinderzukunft“, dem Elternverein der Waldschule Wiener Neustadt oder ukrainische Geflüchtete gesammelt und hilft jährlich bei einer Aktion zum Aufsammeln von Abfällen in der Gemeinde. „Wenn man selbst genug hat, kann man ja auch mal über den Tellerrand hinausschauen“, sagt Jugendleiter Hofer. "Wir versuchen, uns mindestens einmal jährlich an solchen Aktionen zu beteiligen. Man will ja auch etwas zurückgeben.“

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„Fußball ist das größte Integrationswerkzeug, das Österreich hat“

Der niederösterreichische Fußballverein ASK Bad Fischau-Brunn ist nicht nur Teil eines der größten Nachwuchsfußballprojekte Österreichs, sondern auch sozial sehr engagiert. Im Interview spricht Obmann Andreas Kerschbaumer über die Motivation hinter dem Engagement und die soziale Aufgabe, die der Verein erfüllen möchte.

Fairplay: Herr Kerschbaumer, sie haben neben anderer Spendenaktionen 30.000 Euro für an der „Mondscheinkrankheit“ erkrankte Kinder gesammelt und beteiligen sich regelmäßig an den fairplay-Aktionswochen. Welche Motivation steckt dort dahinter?

Andreas Kerschbaumer: Der soziale Auftrag ist der Sinn, warum man bei einem Fußballverein ehrenamtlich tätig ist. Mit was verbringt man seine Freizeit, wenn nicht mit dem allgemeinen sozialen Engagement, dass sich die Leute treffen, kommunizieren, dass Sport stattfindet, Austausch zwischen Generationen, zwischen Gesellschaftsschichten. Fußball ist das größte Integrationswerkzeug, das Österreich hat. Völlig egal, ob für jemanden, der von Wien aufs Land zieht, für sozial Schwächere, für andere Religionen oder Kulturen. Das ist unser Beitrag.

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Wer sind die treibenden Kräfte hinter dem Engagement?

Wir haben, als unser Kernteam vor zehn Jahren den Verein übernommen hat, eine Ausrichtung gewählt, die zum einen das Sportliche und zum anderen das gesellschaftliche und soziale Umfeld beinhaltet. Es war von Beginn an klar, dass wir nicht nur ein Sportverein sein wollen, sondern auch im Ort mit Veranstaltungen, Unterstützungen und Solidaritätsprojekten helfen wollen. Das kommt also von den handelnden Personen wie unserem Jugendleiter Markus Hofer, dem das ein persönliches Anliegen ist. Ich als Obmann ticke genauso. Bei mir wohnen seit Beginn des Krieges Ukrainer zuhause. Wir suchen nicht nach Hilfsprojekten. Aber wenn es gerade passt und wir dahinterstehen, dann unterstützen wir gerne.

Sie beteiligen sich auch jährlich an der Flurreinigungsaktion der Gemeinde Bad Fischau-Brunn.

Genau. Es ist ein Geben und Nehmen. Wir wollen, dass die Gemeinde uns mit Förderungen unterstützt. Gleichzeitig wollen wir, dass Zuschauer zu uns kommen und auch konsumieren. Wir können dann auf der anderen Seite etwas zurückgeben, in dem wir einmal im Jahr ein bisschen Müll aufsammeln und die Kinder merken, dass Plastik nicht so leiwand ist, wenn man es beim Autofahren aus dem Auto rausschmeißt. Die Kids sehen dann auch, was das für Müllberge sind, die der Mensch hinterlässt.

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Mit solchen Aktionen ist viel Aufwand verbunden, den sich andere Sportvereine nicht machen. Kann man sich dafür persönlich etwas daraus ziehen?

Man kann schon stolz sein. Man vergisst schnell mal, was man da für die Gesellschaft tut. Aber ab und zu fällt einem wieder ein, dass das schon eine gute Geschichte ist. Wenn man kurz innehält und die Kinder anschaut, dann ist das schon richtig geil. Wir hatten bei uns am Sportplatz im Rahmen der Make-A-Wish Foundation auch schon Tennisspieler Dominik Thiem und die Allstars von Austria Wien zu Gast. Wenn da hunderte Leute kommen, ist das schon auch gut fürs Ego. Auch wenn man es natürlich nicht deswegen macht.

Sind es diese Projekte und Aktionen, für die Sie als Verein stehen wollen?

Wir sind keine Hilfsorganisation, sondern nach wie vor ein Fußballverein, der Kindern und Erwachsenen einen sozialen Treffpunkt schaffen will. Wir versuchen auch, ein unpolitischer Verein zu sein. Der Fairplay-Slogan „Fußball ohne Ausgrenzung“ spiegelt aber genau das wider, was wir uns vorgenommen haben. Wir wollen jedem Kind die Möglichkeit bieten, Fußball zu spielen. Egal welche ethnische oder religiöse Herkunft, egal aus welcher gesellschaftlichen Schicht und egal wie talentiert ein Kind ist. Beim Fußball verbindet, dass man das gleiche Trikot trägt.

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