Als die Wanderausstellung „Tatort Stadion. Rassismus und Diskriminierung im Fußball“ erstmals 2002 in Hamburg gezeigt wurde, folgte ein Sturm der Entrüstung. Wie der Initiator der Ausstellung Gerd Dembowski vom deutschen Fanbündnis BAFF heute im Rahmen der Eröffnungspressekonferenz in Wien erklärte, zogen damals der DFB, die Bundesliga und die Spielvereinigung ihre Unterstützung zurück. Stein des Anstoßes waren Schautafeln mit xenophoben Zitaten des damaligen DFB-Präsidenten Gerhard Meyer-Vorfelder.
Die Folge war ein enormes öffentliches Interesse an der Thematik und eine Solidarisierungswelle. So stieg etwa die Band „Die Ärzte“ als Sponsorin ein. Nachdem die Ausstellung bislang über 280 mal in Deutschland gezeigt wurde, macht sie erstmals in Wien Station. Erweitert um Österreich-spezifische Inhalte und begleitet von einem „fetten Rahmenprogramm“, so Alexander Fontó von der AG Tatort Stadion, ist die Schau bis 12. Oktober im Kulturzentrum mo.ë zu sehen.
Der Sprecher der Aktion „Stopp die Rechten“ Karl Öllinger, im Brotberuf Nationalratsabgeordneter der Grünen, meinte: „Es gibt in Österreicher drei soziale Räume in denen Rechtsextremismus wächst, das ist das Internet, die Musikszene und der Fußball.“ Rechtsextremisten würden versuchen sich bei großen Vereinen zu verorten. Ein leidtragender Verein ist dabei FK Austria Wien, der kurzfristig die morgige Gesprächsrunde mit Spielern absagte. Doch auch auf kleineren Fußballplätzen und bei Public Viewings würden Rechtsextreme versuchen sich ein Publikum zu verschaffen. Öllinger konstatiert eine Zunahme rechtsextremer Vorfälle, nur werde das öffentlich nicht thematisiert. Gelobt wird die Eigeninitiative von Fans der vier großen Wiener Vereine Rapid, Austria, Sportklub und Vienna die Ausstellung „Tatort Stadion Wien – Von Fans für Fans!“ nach Wien zu bringen „Es muss“, so Öllinger, „von unten beginnen, denn durch die Präsidenten und Chefs der Vereine wird nicht viel passieren.“
Fan-Eigeninitiative und vorbeugende Fanarbeit
Eine wichtige Säule dafür sei die Prävention durch professionelle Sozialarbeit. Neben dem Fußball müssten, so Öllinger, auch die öffentlichen Stellen Verantwortung tragen: „Es ist eine Idiotie zu versuchen mit Hundertschaften an Polizei Herr des Problems zu werden und dann zu sagen es gebe keine Mittel für Sozialarbeit.“
Alexander Fontó, Koordinator der Arbeitsgemeinschaft Tatort Stadion, will durch die Schau und die 13 begleitenden Veranstaltungen nicht nur Negatives darstellen, „denn es gibt Fanszenen die pro-aktiv gegen Diskriminierung arbeiten.“ Im österreichischen Fußball hätten, so Fontó, die Interventionen gegen Rassismus zugenommen, „das bedeutet aber nicht das es deswegen weniger Rechtsextremismus gibt.“ Mit der Ausstellung „wollen wir in Österreich den Stein ins Rollen bringen“, so der Vienna Fan.
Auf konkrete Gegenstrategien angesprochen, berichtet derSportsoziologe Gerd Dembowski von seiner Antidiskriminierungsarbeit mit Borussia Dortmund. „Es ist ein Fehler, wenn wir das Problem immer nur auf 100 oder 150 Neonazis kaprizieren.“ Rassismus, Homophobie und Sexismus seien kein Problem der sozialen Ränder, sondern der Mitte der Gesellschaft. Daher sei der umfassende Dialog aller Beteiligten vom Präsidium bis zu den Fangruppen die Voraussetzung jeder Gegenstrategie.
Die Ausstellung Tatort Stadion Wien ist vom 26.09. – 12.10. im Kulturzentrum mo. ë. zu sehen und wird vom Sportministerium, der Stadt Wien und der Österreichischen Fußball-Bundesliga unterstützt.