Westafrikanische Party

Der CAN-Titelverteidiger Sambia ist raus - göttliche Fügung oder einfach zu wenig Tore? Im 2. Teil seines Blogs sieht Kurt Wachter beim Afrika-Cup starke westafrikanische Teams, zweifelhafte Elfmeter und mitunter mehr Sand als Rasen in Nelspruit . Zum Viertelfinale geht es morgen nach Durban, aber leider ohne Kamera.

Mit dem Abschluss der Gruppenphase scheint eines klar. Das Powerhouse des afrikanischen Fußballs ist Westafrika. Lediglich Niger schaffte den Aufstieg nicht. Zu den sieben westafrikanischen Viertelfinalisten gesellte sich nur noch Gastgeber Südafrika.

 

Im Mbombela-Stadion von Nelspruit durfte ich im Spiel gegen Togo den Abgang von Tunesien miterleben, dem letzten nordafrikanischen Vertreter mit Aufstiegschancen. Der »arabische Frühling« und seine Nachwehen scheinen dem Fußball sportlich nicht gut zu bekommen. Ägypten, das ab 2006 dreimal in Folge den Titel holte, war erst gar nicht dabei. Die gehypten Algerier kombinierten zumindest sehr ansehnlich, wenn auch vergeblich. In Nelspruit hatte es den Anschein, dass der südafrikanische Referee Daniel Bennett einiges daran setzte, Tunesien im Bewerb zu halten. Er gewährte dem Team zwei äußerst zweifelhafte Penalties, ignorierte aber im Gegenzug zwei Strafraumfouls an Emmanuel Adebayor.

 

Symbolische Bedeutung

 

Stürmten zum Match Äthiopien – Burkina Faso noch über 30.000 Fans ins neue WM-Stadion in Nelspruit, so verloren sich jetzt nur mehr 5.000 oder 6.000 auf den Rängen. Tickets werden über Spar-Supermärkte vertrieben, die billigste Kategorie kostet 50 Rand, das sind umgerechnet vier Euro. Für eine Bevölkerung, die fast zur Hälfte von 500 Rand, also 41 Euro, im Monat leben muss, ist das immer noch viel. Im Stadion gab die ansehnliche togolesische Fanabordnung mit ihrer nimmermüden Brassband klar den Ton an.

 

Dass Togo erstmals beim Afrika-Cup eine Runde weiter ist, verdankt es dem wiedererstarkten Adebayor und den flinken Mittelfeldakteuren wie Komlan Amewou (Olympiques Nimes) und den Torschützen Serge Gakpe (FC Nantes). Nach dem Sieg gegen Algerien bezog sich Adebayor auf den tödlichen Angriff in der angolanischen Enklave Cabinda vor dem Afrika-Cup 2010: »Der togolesische Fußball geht immer noch durch eine schwere Zeit, durch die Attacke haben wir einen Coach und den Pressesprecher verloren, unser dritter Keeper wird nie mehr spielen können, daher ist es wichtig, dass wir uns qualifizieren«.

 

Raus mit Remis

 

Am Tag davor, ebenfalls auf dem braunen Sandplatz des Mbombela-Stadions, erwischte es den regierenden Afrikameister Sambia. Ein 0:0, das dritte Remis in Folge, gegen die defensiven Burkinabe reichte nicht. Der französische Coach von Sambia, Herve Renard, sagte: »Im Spiel gegen Äthiopien haben wir die Qualifikation verpasst. Wenn du 1:0 führst und du bist elf gegen zehn und dann trotzdem nicht gewinnst, dann hast du ein Problem. Wir sind nun seit neun Spielen ungeschlagen, aber das ist nicht genug.« Noch letztes Jahr in Gabun und Äquatorial-Guinea sorgte das Stürmerduo Emmanuel Mayuka, der mittlerweile bei Southampton auf der Bank sitzt, und China-Legionär Chris Katongo für die Tore. Aufgrund der Umstellung des Turniers auf ungerade Jahre durfte man sich jetzt nur ein Jahr als Afrikameister fühlen.

 

Sambias Kapitän Tormann Kennedy Mweene, der seit acht Jahren in Südafrika bei Free State Stars spielt, sieht im Ausscheiden ein höheres Wirken: »Es hat einfach nicht sein sollen und nur Gott weiß, warum wir schon in der Vorrunde eliminiert wurden. Wir müssen akzeptieren, was Gott wollte. Ich bin aber nicht enttäuscht«. Die Freude über den ersten Titelgewinn für Sambia beim Afrika-Cup 2011, so Mweene, würde ein ganzes Leben bleiben.

 

Am Tag nach dem Spiel verbreitete sich in Sambias Hauptstadt Lusaka das Gerücht, dass Burkina Faso disqualifiziert würde. Der angeblich Grund: Einsatz eines nicht berechtigten Spielers. Auf den Hauptstraßen in Lusaka begannen die Fans zu feiern und hupende Autokonvois setzen sich in Bewegung. CAF-Generalsekretär Hicham El Amrani erklärte aber umgehend gegenüber der BBC »Das ist nicht wahr.«

 

Sand statt Gras

 

Reichlich Stoff zur Diskussion bietet auch der Zustand des Rasens im Mbombela-Stadion in Nelspruit, immerhin noch Schauplatz des Halbfinales aus den Siegern zwischen Ghana und dem Überraschungsteam aus Kap Verde und Togo versus Burkina Faso. Sambias Coach Renard beklagt sich in der Pressekonferenz: »Gehen Sie raus und sagen sie mir, ob man auf dem Rasen guten Fußball spielen kann. Unser Spielstil basiert auf kurzen, flachen Pässen. Letztes Jahr waren wir effizienter, aber da war der Rasen auch besser«. Adebayor befürchte sogar einen Imageverlust für den afrikanischen Fußball: »Der Afrika-Cup ist ein großes Turnier und die ganze Welt schaut sich das an. Wir können nicht auf einem Rasen wie diesem spielen. Leute aus Europa werden mir SMS schicken und fragen ›Spielt ihr im Busch oder was?‹. Das ist eine Schande für unseren Kontinent, wir können das besser.« Die CAF arbeitet derzeit an einer Verbesserung. Hauptgrund für den vielen Sand und das wenige Gras wären die starken Regenfälle der letzten Wochen. Der CAF-Koordinator vor Ort ist übrigens der ehemalige Ghana-Kapitän und deutsche TV-Journalist Anthony Baffoe.

 

Am morgigen Samstag wartet im ausverkauften Moses-Mabhida-Stadion in Durban ein erster echter Höhepunkt. Gastgeber Südafrika bekommt es mit den starken Maliern zu tun. Nach dem Pessimismus vor dem Anpfiff des Afrika-Cups betrachten viele Südafrikaner ihre »Bafana Bafana« nun wieder als Turnierfavoriten. Heute Abend fliege ich mit einer Budgetairline von Johannesburg nach Durban. Die Stadt mit ihren kilometerlangen Stränden soll die attraktivste Host City sein. Meine persönlichen Favoriten, die »Black Stars« aus Ghana, bekomme ich dann hoffentlich noch beim Finale in der Soccer City in Jo’burg zu sehen.

 

Im Übrigen wird die begleitende Fotodokumentation für den ballesterer ab sofort eher bescheiden ausfallen. Auf dem Weg von der Presstribüne zur post-Match Medienkonferenz entschwand im allgemeinen Gedränge meine Fototasche samt digitaler Spiegelreflexkamera. Schade um die tollen Bilder der sambischen Fans mit ihren kunstvollen Makarabas, den bunten Minenarbeiter-Helmen der Soccer-Fans im südlichen Afrika. Als Arbeitsgerät ist zumindest eine kleine Kompaktkamera geblieben.

 

Ein Dank aus Südafrika

 

"Die Gastgeber des Afrika-Cups wollen dem Kontinent nach der WM etwas zurückgeben." In diesem Bericht, der am 31. Jänner in der <link http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/sport/fussball/520260_Ein-Dank-aus-Suedafrika.html _blank external-link-new-window "Ein Dank an Südafrika">Wiener Zeitung</link> erschienen ist, beschreibt Kurt Wachter die sozialen Veränderungen nach der WM 2010 in Südafrika.

https://www.fairplay.or.at/footer/archiv/westafrikanische-party#top